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\"Weg vom Kleintierzoo\

Von Linz aus erobert der E-Goverment-Experte Fabasoft eine stark wachsende Branche. Das Unternehmen ist mittlerweile auch in Deutschland, der Schweiz, Großbritannien und der Slowakischen Republik umtriebig, zuletzt wurde eine Dependance in der Schweiz eröffnet. Fabasofts Zielgruppe, die öffentliche Verwaltung, ist zugleich Fluch und Segen. Einer üblicherweise hohen Kundenbindung stehen lange Entscheidungszyklen und Vorlaufzeiten sowie oft drohende Investitionsverschiebungen (etwa aufgrund politischer Turbulenzen) gegenüber. In österreich ist Fabasoft vor allem durch das bundesweite ELAK-Projekt bekannt, nun will man weiter expandieren.

Report: Als österreichisches Unternehmen blickt man gerne nach Osten, zu Märkten, in denen noch großartige Wachstumszahlen zu erzielen sind. Wie geht es Fabasoft mit seinen Expansionsbestrebungen ins Ausland?
Helmut Fallmann: Wir sehen besonders in den Bereichen des elektronischen Aktenmanagement, der Dokumentenzustellung und der elektronischen Antragsstellung ein enormes Aufholtempo in den neuen Mitgliedsländern. Unsere Tochter in Bratislava hat bereits 16 Mitarbeiter und betreut E-Government-Projekte am slowakischen Markt, die jeweils bereits mehrere hundert Nutzer umfassen. Die Tempokurve dort ist um sehr viel besser als in österreich.
Leopold Bauernfeind: Wir wollen in die neuen Länder gehen, haben aber genauso unsere Hausaufgaben in den alten EU-Ländern noch zu machen.
Fallmann: In unseren Kernländern Deutschland und Schweiz sind wir natürlich besonders stark an der Umsetzung des GEVER und DOMEA, dem schweizerischen und deutschen äquivalent des ELAK beschäftigt. Zuletzt sind mit der schweizerischen Bundesverwaltung die Terms und Conditions eines neuen Rahmenvertrages ausgehandelt worden. Bei einem Endpotenzial von 10.000 Arbeitsplätzen sind mit unseren Produkten mittlerweile 5000 Arbeitsplätze im Bund ausgelastet. Die Situation in der Schweiz ist ähnlich wie in österreich: Man möchte vom Kleintierzoo wegkommen und die verschiedenen Produkte unterschiedlichster Hersteller in einer einzigen Lösung integrieren. Der nächste Schritt wäre dann, alle Systeme zu zentralisieren.
Bauernfeind: Fabasoft hat mit der schweizerischen GEVER-Umsetzung bereits auch Software-Versionen in italienischer und französischer Sprache realisiert, ist aber in diesen beiden Ländern noch nicht tätig. Hier sind wir etwas gespalten, denn ein Markteintritt in solch große Länder kostet natürlich.
Fallmann: Bei einem Personalstand von derzeit 260 Mitarbeitern haben wir noch nicht die kritische Masse, um dort an wirklich großen Ausschreibungen teilnehmen zu können.

Es gibt Stimmen in der heimischen Softwarebranche, die beklagen, keinerlei politische Unterstützung für den Export erfolgreicher Produkte ins Ausland zu bekommen. Gibt es für Sie ebenfalls Grund zum Klagen?
Fallmann: Nein, überhaupt nicht. Bund und Länder sind Fabasoft gegenüber extrem entgegenkommend. Nehmen Sie nur Roland Ledinger, Vorsitzender des ELAK-Lenkungsausschusses, der anlässlich unseres jüngsten Fabasoft egovdays in Wien persönlich einen Vortrag gehalten hat. Oder Josef Lindermayr, IT-Leiter des Landes Vorarlberg, der ebenfalls anwesend war. Roland Ledinger war auch im Vorjahr in Bayern, um den dortigen Behörden von seinen Erfahrungen zu berichten.
Bauernfeind: Ich sehe vor allem die Stadt Wien als extrem guten Partner in Richtung Osten. Alles in allem will ja die Republik, dass E-Government ein Exportschlager wird. Auch bei so absolut erfolgreichen Applikationen wie dem Zentralen Melderegister oder der e-card wird natürlich versucht, dies in die neuen Länder zu bringen.
Fallmann: Und derzeit ist überall, wo auf EU-Ebene E-Government-Themen publiziert werden, Fabasoft inbegriffen - österreich wird hier ständig zitiert.
Bauernfeind: Für ein kleines Land wie österreich ist das natürlich einen Riesenchance: Dienstleistungen aus einem kleineren Mitgliedsland werden in der Regel eher auf EU-Ebene angenommen, als Lösungen von Riesen wie Frankreich oder Deutschland.

Wie schwer ist für Softwareunternehmen die Behörde als Kundin handhabbar?
Fallmann: Dies lässt sich nicht so einfach beantworten. In finanziellen Belangen ist die öffentliche Hand sicherlich weniger flexibel: die Behörden schauen aufs Geld. Auf der anderen Seite gibt es aber eine besonders hohe Kundenbindung und Anknüpfungspunkte für weitere Geschäfte durch erfolgreiche Referenzen aus den Projekten.
Weitaus schwieriger ist es, mit einer Erstinstallation in einem neuen Terrain Fuß zu fassen. Ich gebe Ihnen ein drastisches Beispiel: Unser Markteintritt in Bayern ist 1997 erfolgt, die ersten großen Erfolge konnten wir aber erst 2005 einfahren. In der Regel müssen wir mit einer dreijährigen Aufbauarbeit in einem neuen Markt rechnen. Aus folgendem Grund: Zu Beginn findet der Großteil der Entwicklungsarbeit statt, dann braucht es rund ein halbes Jahr für die Anpassung an die lokalen und nationalen Gegebenheiten. Dann müssen wir mit einem weiteren halben Jahr für die Zertifizierung der Software rechen. Wohlgemerkt - zu diesem Zeitpunkt muss die Software schon fertig sein. Erst nach diesem Abschluss dürfen Sie dann auch anbieten. Und von der Ausschreibung eines Projekts bis zur tatsächlichen Umsetzung vergehen dann üblicherweise nochmals zwölf Monate.
Bauernfeind: Dazu ist zu erwähnen, dass nicht überall die Anforderungen bei Ausschreibungen so gut definiert sind, wie in österreich. Nicht alle Standardprodukte sind so einfach in neuen Umgebungen umsetzbar. In Deutschland ist dies zuletzt durch die Softwareversion DOMEA 2.0 aber besser geworden.

Wirken sich kulturelle Eigenheiten der verschiedenen Länder auf Ihre Arbeit aus?
Fallmann: E-Government ist einerseits nun ein europaweites Thema geworden, andererseits gibt es krasse regionale Unterschiede im Auftreten und Arbeiten an der neuen Verwaltung. Ein Beispiel: Der rumänische Informatikminister ist 35 Jahre alt und versprüht eine für die neuen EU-Länder typische jugendliche Dynamik. In diesen Ländern gilt noch das Primat des Handels.
Bauernfeind: Allein schon die deutsche Sprache ist in der Fachterminologie und - nicht minder wichtig - im Humor grundauf verschieden. Wir haben gelernt, dass wir bei Veranstaltungen und Präsentationen auf lokale Sprecher setzen. Während etwa in österreich von Vorschreibungen und dem elektronischen Akt gesprochen wird, wird gleiches in Deutschland Verfügungen und elektronische Vorgänge genannt. In Bayern heißt es ebenso wie in österreich \"der Akt\

, nördlich des Weißwurstäquators \
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